AGFF-Schermausradar 2025
Cornel J. Stutz, Agroscope Zürich
Das Schermaus-Radar ist ein Instrument, um die Dichte von Mäusepopulationen zu messen. Seit Frühling 2010 werden von Agroscope und der AGFF jährlich die Dichten von Schermauspopulationen an rund 50 Standorten im Deutschschweizer Mittelland und den angrenzenden Hügelgebieten ermittelt. Die Daten der Mäusepopulationsschätzungen im Kanton Jura werden von der Fondation rurale interjurassienne der AGFF zur Verfügung gestellt.
Das Wissen, ob es zurzeit viele oder wenige Mäuse hat und wie sich die Situation weiter entwickeln wird, ist für Landwirte von grossem Nutzen. Das Schermaus-Radar hilft in Kombination mit einer Beurteilung der Lage auf dem eigenen Betrieb beispielsweise, folgende Fragen zu beantworten:
- Wann ungefähr kann mit einem Populationszusammenbruch gerechnet werden?
- Bis wann lohnt es sich, Mäusebekämpfung zu betreiben?
- Wann muss man damit beginnen, Futterreserven anzulegen, um bei einem allfälligen Totalschaden in den Wiesen glimpflich davon zu kommen?
In Gebieten, wo der Anteil an Futter- und/oder Obstbauflächen hoch ist, verhalten sich Mäusepopulationen zyklisch. Es sind zwei klassische Zyklustypen bekannt:
- Kurve mit Peak: Nach einer relativ langen Periode mit minimaler Mäuseaktivität folgt eine starke, aber kurze Massenvermehrung mit einem anschliessenden raschen Zusammenbruch der Population; regelmässige Zyklusdauer von zirka 5 bis 7 Jahren. So ein Verlauf ist in den letzten Jahren im Kanton Jura, im Napfgebiet, im Zürcher Säuliamt und im Hirzelgebiet aufgetreten.
- Glockenkurve: Nach einer kurzen Zeit mit geringer Mäusedichte folgt eine relativ schwache langandauernde Wachstumsphase mit mässigem Maximum und anschliessendem allmählichen Abklingen der Population; unregelmässiger Zyklus. Diesen Verlaufstyp konnten wir in den letzten Jahren im Appenzellerland, im Rickengebiet, in der Linthebene und im Zürcher Oberland feststellen.
In Gebieten mit einem hohen Fruchtfolgeflächen-Anteil ist die Entwicklung der Schermauspopulationen selten sprunghaft. Weil die intensiv bewirtschafteten Naturwiesen (bevorzugtes Habitat der Schermäuse) nur wie Inseln zwischen Ackerflächen, Siedlungsgebieten und Waldstücken vorkommen, können sich Schermauspopulationen in diesen Gebieten kaum «explosionsartig» vergrössern (z.B. die meisten Mittellandstandorte).
Bei einer Mäusezahl von 300 bis 1000 Tieren pro Hektare, aus pflanzenbaulicher Sicht ein Totalschaden, bricht die Population gewöhnlich zusammen, so dass nur noch wenige Individuen auf der Fläche überleben.
Hinweis zur Interpretation des Mäuseradars
Die Populationsgrössen der untersuchten Flächen geben zwar einen Hinweis, können aber nicht vorbehaltlos auf die Mäusedichte der gesamten Region übertragen werden. Der Mäusebefall kann lokal von Parzelle zu Parzelle stark variieren. Hingegen zeigt die Entwicklung der Mäuseradar-Beobachtungsparzellen an, ob die Schermausbestände regional stagnieren, zu- oder abnehmen.
Die auf der Schweizerkarte eingezeichneten grünen und gelben Punkte symbolisieren Standorte, an denen die Mäusepopulationen momentan noch mit einem vernünftigen Aufwand reguliert werden können. Bei den roten, violetten oder sogar schwarzen Punkten, sind die Mäusepopulationen bereits so gross, dass eine grossflächige Regulierung einen unverhältnismässigen Aufwand bedeuten würde. In solchen Gebieten ist es ratsam, den Mäusen nur noch in wertvollen Kulturen (z.B. Obstanlagen, Gemüsegärten oder Blumenfelder) nachzustellen. Bei den violetten und schwarzen Punkten ist mit einem baldigen Zusammenbruch der Populationen zu rechnen.
Aktuelle Erkenntnisse aus den Erhebungen 2025
Seit dem Frühling 2024 sind in vielen Gebieten die Schermaus-Populationen leicht bis stark zurückgegangen.
In folgenden Regionen sind an den Erhebungsstandorten die Schermaus-Populationen zurückgegangen oder sogar zusammengebrochen: Fricktal; Berner-, Solothurner- und Zürcher-Mittelland; Region Stadt Luzern bis Zug, Hirzel, Säuliamt; Zürcher Oberland, Ricken, Toggenburg, östliche Voralpen.
Kaum eine Veränderung (weder deutliche Zunahme noch deutliche Abnahme der Schermaus-Populationsgrösse) gab es in diesen Regionen:
Baselland, Thurgauer Seerücken.
Einen Anstieg der Schermauspopulationen an den Erhebungsstandorten können wir in diesen Gebieten verzeichnen: Kanton Jura; Napfgebiet; Luzerner-/Aargauer Seetal, Aargauer Reusstal; Linthebene westlich der Linth; Schaffhausen; Region Winterthur-Hinterthurgau.
Im Rahmen unserer Erhebungen gilt das Hauptaugenmerk den Schermäusen, da sie im Futter- und Obstbau am meisten Schaden anrichten. Wenn wir bei den Feldaufnahmen Maulwurf- oder Feldmausbaue antreffen, notieren wir auch diese. Man findet die entsprechenden Einträge in der Datei ‘Übersicht Erhebungen März 2025’. Da sie nur selten wirklich grosse Schäden verursachen, verzichten wir auf eine detaillierte Auswertung. Maulwürfe siedeln sich vor allem in humosen Böden entlang von Waldrändern oder Feuchtgebieten an. Ihr Bau umfasst ein weitläufiges Gangsystem, das sie regelmässig nach Würmern sowie Käfern und deren Larven absuchen. Maulwürfe sind keine Pflanzenfresser und darum im eigentlichen Sinn auch keine Mäuse. Da sie im Gegensatz zu den Mausarten keine grossen Populationen bilden, werden sie von den meisten Landbewirtschaftern trotz der wuchtigen Erdhaufen toleriert. Maulwürfe sind ausserhalb der Paarungszeit Einzelgänger. Pro Hektare kommen kaum mehr als vier Maulwürfe vor.
Nach dem Zusammenbruch einer Schermauspopulation siedeln sich gerne Feldmäuse in den verlassenen Bauen an. Dort können sie sich und ihre Jungen in Sicherheit bringen, ohne dass sie viel graben müssen. Ihre Erdhaufen sind nur klein und stören im Futterbau nur bei sehr hohen Populationsdichten. Hingegen können Feldmäuse in Obstanlagen grosse Schäden anrichten, da sie an Jungenbäumen bevorzugt die Rinde an der Stammbasis abnagen. Befallene Bäume sterben in der Folge sehr schnell ab. Da der Bau einer Feldmaus nicht nur unterirdische, sondern auch oberirdische Gänge aufweist, braucht sie weniger zu graben. Dieser reduzierte Aufwand bezahlt sie jedoch häufig mit ihrem Leben. In ihren oberirdischen Laufpfaden ist sie eine leichte Beute für die verschiedenartigen natürlichen Feinde. Greifvögel wie Mäusebussard, Milan, Falke oder Eulenarten, aber auch Wieselarten, Fuchs und Katze haben es häufig auf die kleinen Nager abgesehen. Obwohl die Feldmäuse über ein sehr grosses Vermehrungspotenzial verfügen, werden sie von den natürlichen Feinden so sehr in Schach gehalten, dass sie hierzulande kaum grössere Populationen aufbauen können. Dies unterstreicht die Bedeutung der natürlichen Feinde für die Regulierung von Nagerpopulationen im Futter- und Obstbau. Damit sich die Feinde in genügender Anzahl ansiedeln und den Nagern nachstellen können, müssen genügend Landschaftselemente wie Hochstammbäume, Hecken oder Altgrasstreifen vorhanden sein.
Zu Vegetationsbeginn ist der beste Zeitpunkt, um mäusegeschädigte oder generell lückige Wiesen- und Weidebestände zu verbessern. Dazu gehört als erstes das Abschleppen der Mäusehaufen mit Wiesenegge, Striegel oder Walze. Bei einem erhöhten Anteil von Lücken im Pflanzenbestand (25 – 50 % Lücken) ist zudem eine Übersaat erforderlich. Ist der Pflanzenbestand jedoch zu stark beschädigt (mehr als 50 % Lücken), ist eine Totalsanierung mit Neuansaat angezeigt.
Weitere Informationen und Hinweise siehe auch:
- AGFF-Merkblatt Nr. 5 «Wiesenverbesserung im mittelintensiven und intensiven Futterbau»
- AGFF-Information U6 «Regulieren von Mäusepopulation»
- AGFF-Information U6.1 «Sanierung von Mäuseschäden in Wiesen und Weiden»
- AGFF-Information U5 «Wiesen- und Weidepflege mit Striegel, Wiesenegge und Walze»
- Standorte Aargauer Mittelland 2025 (189 KB)
- Standorte Deutschschweizer Jura 2025 (191 KB)
- Standorte Hirzelgebiet 2025 (191 KB)
- Standorte Kanton Jura 2025 (226 KB)
- Standorte Luzerner Mittelland 2025 (189 KB)
- Standorte Napfgebiet 2025 (192 KB)
- Standorte Ostschweizer Voralpen 2025 (190 KB)
- Standorte Zuercher Mittelland 2025 (189 KB)
- Uebersicht alle Standorte Maerz 2025 (236 KB)
- Uebersicht Erhebung Maerz 2025 (53 KB)